Konzertkritik zum Programm „Dona Nobis Pacem“ (3. Bachchorkonzert 2024/25)
Die Hoffnung auf Frieden spüren
Zum dritten Bachchorkonzert mit Christian Kabitz und dem Philharmonischen Orchester in der Peterskirche
Von Simon Scherer (RNZ)
Frieden ist nach wie vor eines der zentralen Themen unserer Zeit, das überall diskutiert wird – auch im Konzertleben. So aktuell der Wunsch nach Frieden ist, so alt ist die Herkunft des Stundengebets „Da pacem, Domine“, das vor 1200 Jahren erstmals gesungen wurde. Christian Kabitz betitelte sein drittes Bachchorkonzert mit der verwandten Bitte „Dona nobis pacem“, die ähnlich oft vertont wurde. Eine stimmungsvolle Auswahl solcher Kompositionen fasste er in seinem Pasticcio zusammen, was nicht nur für Lasagne al forno steht, sondern auch für ein Kirchenmusikwerk, das aus bereits existierenden Stücken zusammengestellt wird. Hierin spannte Kabitz den Bogen von einer gregorianischen Psalmodie als Vorspann bis zu zahlreichen Zeitgenossen, die alle sehr bildhaft und mit emotionaler Intensität die Hoffnung auf Frieden erfahrbar machten.
Einen der eindrücklichsten Momente bescherte der Auftakt mit Peteris Vasks „Da pacem, Domine“. Aufwühlende Streicher zeichneten ein Bild von extremer Verzweiflung und Zerrissenheit, das mit höchster Dringlichkeit in die Peterskirche hinausgeworfen wurde. Genau wie das Philharmonische Orchester transportierte der Bachchor vielerlei Emotionen: von hilfloser Niedergeschlagenheit bis zum anklagenden Vorwurf. Eine fantastische Komposition, die diese Botschaft unmittelbar an die Hörer heranträgt. Dirigent Kabitz schöpfte hierfür das volle Volumen von Chor und Streichorchester aus, zelebrierte das Werk in seiner sinfonischen Breite, bohrte tief in seelischen Wunden und geizte nicht mit harten Szenenwechseln. Da riss er den Klang einfach weg, um sogleich in resignative Trauer zu verfallen. Ebenfalls gelungen war der Kontrast zu Felix Mendelssohns „Verleih uns Frieden gnädiglich“, in dem nicht nur Bass Ipca Ramanovic etwas Beruhigendes ausstrahlte. Mit der richtigen Dosis Pathos ließ der Chor allumfassende Wärme aufsteigen.
Wieder ängstlicher zumute wurde einem in Lili Boulangers „Pie Jesu“ mit der kurzfristig eingesprungenen Sopranistin Johanna Greulich. Bei individueller Klanggestalt und passend vibratoarm traf sie genau den Wesenskern der Musik. Nach Cyrillus Kreeks Psalm 22 überzeugte in Ester Mägis Vesper inmitten expressiver Trauerweisen besonders die Konzertmeisterin mit ausdrucksstarken Soli. In gleicher Manier spielten die Philharmoniker Bachs „Gib Frieden, Herr, gib Frieden“. Sie hätten ihren Musizierstil allerdings mehr ans Barocke anpassen können. Auch gab es einige Tempodifferenzen zwischen Ramanovic und Kabitz.
Versiert präsentierte sich das Ensemble in Arvo Pärts „Da pacem, Domine“. Chor und Orchester schufen mit dem nötigen Feingespür eine meditative Aura. In ähnliche Zustände versetzte das Sanctus aus Ola Gjeilos „Sunrise Mass“, bevor Kabitz im Agnus Dei eine erhebende Klangpracht heraufbeschwor, die unglaubliches Vertrauen verströmte. Nach Hanna Havrylets „Prayer to the Mother of God“ wurde in Leonard Bernsteins Chichester Psalms nochmals ordentlich aufgedreht, sodass der Abend mit Zuversicht endete. Ein atmosphärisch ungemein dichtes Programm, dank dem man viele Komponistinnen kennenlernte.
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